Mit dem Trabant durch Chile

 

Chile, ein schmales, langes Land am linken, unteren Rand von Südamerika, welches vom Klima und Landschaftlichen her wohl für jeden etwas zu bieten hat. So fängt es ganz unten im Süden mit Eisbergen an, wird in der Mitte klimatisch wie bei uns in Deutschland und hört im Norden auf mit der Atacamawüste, eine der trockensten Wüsten der Erde. Deshalb bietet sich der Norden Chiles mit seinen vielen Sonnentagen für uns, Michael Schlegel "Lexi" und mich Stephan Kias, an in Solarprojekten tätig zu sein.

Tja, Flexibilität ist die Voraussetzung für das Gelingen unserer Arbeiten, weshalb es sehr Vorteilhaft ist, wenn ein Auto vor Ort zur Verfügung steht. Das Auto sollte jedoch folgende Kriterien erfüllen:

Diese Punkte können natürlich nur von einem Automobil erfüllt werden, nämlich einem Trabant 601 S. Also kauften wir uns solch ein Relikt aus längst vergessen Tagen für 250 DM und brachten es nach einer Generalüberholung des Motors und aller Fahrwerkteile zum Afrikahafen nach Hamburg, wo der Trabant auf einem russischen Containertransporter verladen wurde und dann zu seiner sechswöchigen Seereise in See stach. Der Trabbi war schon vor uns in Chile angekommen und wartete im Zollschupen von Valparaíso, einer malerischen Hafenstadt, darauf, von uns abgeholt zu werden.

Nachdem wir in Chile angekommen sind, wollten wir natürlich so schnell wie möglich das Fahren auf den unendlich langen Straßen dieses Landes genießen, doch bis zu diesem Zeitpunkt sollte es noch einige Zeit dauern, denn wir haben nicht mit den langsam mahlenden Mühlen des chilenischen Zolls gerechnet. So haben wir dann wohl auch geschlagene fünf bis sechs Stunden bei den Behörden zugebracht bis wir endlich all geforderten Unterschriften unter irgendwelche wichtig aussehenden Dokumente gesetzt hatten und mit allen möglichen Überredungskünsten die Beamten davon überzeugen konnten, das wir zu dem "Auto aus Papier" gehören. Zwar fehlten bei der Übernahme des Trabbis einige Teile, wie das Autoradio, die Lautsprecher, der Dachgepäckträger oder der Innenspiegel. Doch als der Wagen ohne Probleme angesprungen war, und wir das gewohnte "räng-täng-täng" vernahmen, waren alle Mühsal vergessen und wir verließen das Zollgebäude so schnell wie möglich Richtung Norden.

Nach ca. 750 km war unser erstes Ziel, die Stadt Copiapó, erreicht. Auf dieser ersten Strecke standen mir als "Trabantneuling" natürlich oft die Schweißperlen auf der Stirn, denn mitten in der Nacht, völlig allein mit meinem Freund Lexi auf den unendlichen Weiten der Panamerica, bezwangen wir Strecken, die selbst für "normale Autos" nicht ohne weiteres zu meistern sind. Doch nicht nur seine Fahreigenschaften haben mich auf der Ersten Etappe begeistert, sonder vor allen Dingen auch seine Wirkung auf die Leute, die wir an den Tankstellen trafen. So faszinierte die ostdeutsche Zweitakttechnik fast jeden Tankwart, obwohl wahrscheinlich auch jeder von ihnen Zweifel hatte, ob der Motor auch wirklich mit dieser Mischung aus Benzin und Motorsägenöl  so ausgezeichnet läuft, wie wir ihnen beschrieben hatten.

Nachdem wir unsere Projektarbeiten in Copiapó und Umgebung erledigt hatten, ging es dann ca. 800 km weiter Richtung Norden, in die Stadt Calama. Hier wurden dem "Kleinen" dann die Winterreifen aufgezogen, bevor es weiterging nach Turi, einem kleinem Indiodorf auf einer Höhe von ca. 3500 m. Aber selbst hier auf den sandigen Pisten, die als Straßen wohl nicht mehr bezeichnet werden können, da nur aus Sand und Schlaglöchern bestehend, fühlte sich der Trabant wie zu Hause, denn ohne Probleme erreichten wir unser Ziel.

Während unseres Aufenthaltes in Turi haben wir ein Haus gebaut, was ohne den Trabant wohl hätte nie gebaut werden können, denn der nächste Baumarkt ist nun einmal in Calama, also ungefähr 200 km von Turi entfernt, so daß wir mit dem Trabbi bestimmt 1000 km in der Wüste auf den schlechtesten Straßenverhältnissen "ohne Probleme!!" zurückgelegt haben.

Doch die wohl größte Strapaze für den "Kleinen" war unsere Fahrt nach El Tatio, einem Vulkankrater, der nur durch einen Paß zu erreichen ist, der an manchen Stellen eine Höhe von ca. 5000 m aufweist. Tja, da waren wir ganz schön überrascht, daß das Laufverhalten des Motors mit steigender Höhe immer besser wurde, so daß z.B. kein Kolbenringgeklapper mehr zu hören war. Auf solch einer Höhe war wahrscheinlich vorher noch kein Trabant, weshalb gerade die deutschen Touristen, die wir dort oben angetroffen haben völlig begeistert von dem ostdeutschen "Papierauto" waren und manche sogar behaupteten: "Mensch, diese Begegnung ist ja besser als die heißen Quellen hier im Krater!".

Also, alles in allem hat sich der Trabant 601 S selbst unter den härtesten Anforderungen wacker geschlagen und ich denke manches westliches Auto wäre schon längst nicht mehr am Fahren, hätte es das mitgemacht, was der "Kleine" geleistet hat und immer noch leistet. Denn zwischenzeitig ist der Trabant auch schon ziemlich weit unten im kalten und regnerischen Süden gewesen und läuft und läuft und läuft........

Teilnehmer: Michael Schlegel, Líceo Politecnico B54, Saavedra 138, Lebu, Regio III, Chile
                      Stephan Kias, Birkenstraße 15, 32657 Lemgo, Deutschland